Das Ticken der Uhr -
das einzige Geräusch.
Und wenn ich nicht atme,
bin ich unsichtbar
Der Morgen ist noch weit
Träume werden zu Wolken
Regnen sich in meinen Kopf
Fliessen aus allen Poren
Und ich löse mich auf
In der Weite
Der Zeitlosigkeit
Ich weiss
Ich bin
Nicht
Ich
Schlief ich?
Nun sitze ich hier, an diesem Ort, den ich nicht kenne und der mir doch irgendwie so vertraut vorkommt, weil es eben so ein Ort ist, wie all diese Orte. Idylle und Tourismus und Holzhütten und Beton und rustikal und modern und von allem ein bisschen und irgendwie nicht echt. Da sitze ich nun und schaue und dieser klischeehafte Gedanke kommt mir in den Sinn von der Unbedeutsamkeit eines einzelnen Menschen angesichts der Gewalt der Natur. Ich sitze da und schaue die Berge an und irgendwie fühlt es sich eben doch ein bisschen so an, so ganz klein, wie ich da sitze. Und wenn sich jetzt dort oben eine Geröll-Lawine lösen und mich unter sich begraben würde, was würde sich dann ändern? Ja, da sind Menschen, die würden mich wohl vermissen, aber sich auch irgendwann an meine Abwesenheit gewöhnen. Der Mensch ist ja so, dass er sich irgendwann an alles gewöhnt, wenn es nur lange genug andauert. Und ich, ich wäre dann sowieso woanders und dieses Leben nicht mehr meins.
Solche Gedanken bahnen sich ihren Weg in meinen Kopf, während ich hier sitze und emporschaue zu den kargen Felsmassen. Und beinah’ ist mir, als würden sie noch ein bisschen näher rücken und mich noch kleiner werden lassen. Und gleichzeitig ist da aber doch auch eine gewisse Euphorie, die in mir kribbelt. Ich spüre den kalten Wind in meinem Gesicht und stelle mir vor, wie es sich anfühlen könnte, wenn man ganz da oben ist, ganz oben, so weit, dass man eigentlich schon gar nicht mehr richtig da ist, dass man schon mehr zum Himmel als zur Erde gehört…
(Andermatt, September 2019)
Da sind Steine
Da ist Sonne
Da ist Wasser
Und da flimmert und glitzert und funkelt es
Da ist Wind
Und da summen Bienen
Und da zirpen Grillen
Und dann ist da wieder Stille
Und eigentlich wäre doch alles so schön
Und eigentlich wäre doch alles gut
Wenn da kein Morgen
Und kein Gestern
Und kein Denken
Und die Zeit einfach still stehen würde
Ohne ein Warum
Ohne ein Danach
Streitgespräch im Zug
Ich nehme meine Hand.
Nur, um mich an jemandem
festzuhalten.
Nur,
um von jemandem gehalten zu werden.
Ich setze mich mir gegenüber
und schaue mich kritisch an.
Du solltest dich nicht selbst
bemitleiden,
sage ich zu mir.
Wer tut es denn sonst,
antworte ich.
Mein Ich mir gegenüber schweigt nur
und rollt mit den Augen.
Wenn da niemand ist,
der mich festhält,
falle ich auseinander,
füge ich hinzu.
Mein Ich schweigt immer noch
und schaut aus dem Fenster.
Du bist mir ja auch keine Hilfe,
werfe ich ihm
nun etwas genervt an den Kopf.
Mein Ich grinst mich frech an.
Warum sollte ich dir helfen,
antwortet es mir,
du hörst ja doch nicht auf mich.
Ich stehe auf und lasse mich allein
zurück.
Ja, du hast recht,
sage ich noch im Weggehen,
ich habe keine Lust, dir zuzuhören.
Du sagst mir ja doch nur,
was ich selbst schon weiss.
Stillstand
Wenn ich von hier nach draussen blicke
Scheint die Zeit still zu stehen.
Nichts bewegt sich
Ausser dem Rauch
Der unablässig
Aus den Schornsteinen kriecht.
Es gibt hier keine Menschen
Nur Gestalten.
Fenster
Hinter denen es dunkel ist.
Häuser
Die tot scheinen
Wäre da nicht der Rauch.
Kalter Rauch
Den sie ausatmen
Wie Staub eines zerfallenen Lebens.
Ich bin müde.
Zeit existiert nicht.
© Karin Vogt. Alle Rechte vorbehalten.